Smartphone-Videos auf Festivals sind heute allgegenwärtig. Kaum hebt der Headliner an, sind hunderte Displays in der Luft. Was früher ein einmaliger Moment war, wird heute durch Displays erlebt – oder verpasst. Doch wann wird aus Erinnerungssicherung eine Störung des Festivalgefühls? Dieser Kommentar geht der Frage nach, ob wir das Live-Erlebnis zugunsten digitaler Erinnerungen opfern.
Was früher das Feuerzeug war, ist heute das Handylicht – nur mit dem Unterschied, dass es oft nicht bei einem kurzen Moment bleibt. Statt gemeinsam in die Musik einzutauchen, erleben viele das Konzert nur noch durch ihr Display. Man steht hinter einer Wand aus Smartphones, sieht die Bühne nur noch in Pixeln – live und gleichzeitig so weit weg.
Zwischen Erinnerung und Reizüberflutung
Natürlich ist ein Festival auch ein Ort voller Emotionen, besonderer Begegnungen und einzigartiger Momente. Es ist verständlich, dass man etwas davon festhalten will. Ein Gruppenfoto im Sonnenuntergang, ein kurzer Clip vom Lieblingssong – alles okay. Aber wenn ganze Songs gefilmt werden, während man sich durch den Ellenbogen der Nachbarin schieben muss, um überhaupt noch etwas zu sehen, wird’s schwierig.
Dazu kommt: Viele Artists bitten inzwischen darum, das Handy in der Tasche zu lassen. Nicht aus Ego-Gründen, sondern weil sie wollen, dass das Publikum dabei ist – echt, direkt, präsent. Und auch für die Stimmung ist das ein Unterschied: Wenn du dich frei bewegst, mittanzt, mitsingst, entsteht etwas Echtes. Das kann kein Video einfangen.
Der Druck, alles festzuhalten
Vielleicht hilft ein kleiner Perspektivwechsel: Was, wenn du selbst auf der Bühne stehst? Willst du in leuchtende Augen blicken oder auf 300 Handybildschirme?
Die Stimmung ist ohne den ständigen Handyfokus spürbar intensiver. Wenn alle im Moment sind – ohne Displays zwischen sich und der Bühne – entsteht eine ganz andere Energie. Man merkt sofort: Die Menge ist bei der Musik, nicht in der Cloud. Die Bässe gehen tiefer, die Gänsehaut kommt schneller, und man fühlt sich verbunden – mit der Band, dem Publikum, dem Moment. Jeder sollte die Chance haben, das wirklich zu erleben, ohne dauernd von Displays abgelenkt oder geblendet zu werden. Festivals leben von Präsenz, nicht von Posts.
Also: Fotografiere, filme – aber mit Maß. Und vor allem: Erlebe. Denn das Beste an Festivals sind nicht die Clips, die du später zeigst, sondern die Momente, die du wirklich gefühlt hast.