Rechtliche Schritte gegen fragwürdige Praktiken bei Festival-Bezahlsystemen

Verbraucherschutzorganisation kritisiert intransparente Gebührenstrukturen und nimmt Veranstalter in die Pflicht

Die bargeldlose Zukunft hat längst Einzug in die deutsche Festivallandschaft gehalten. Während Musikfans ihre Lieblingskünstler unter freiem Himmel feiern, nutzen sie zunehmend elektronische Zahlungsarmbänder für den Kauf von Speisen und Getränken. Doch hinter der technischen Innovation verbergen sich problematische Geschäftspraktiken, die Festivalbesucher finanziell benachteiligen.

Systematische Überprüfung deckt Missstände auf

Eine umfassende Analyse verschiedener Festivalangebote durch die Verbraucherzentrale brachte erhebliche Verstöße gegen Verbraucherrechte ans Licht. Die Untersuchung führte bereits zu konkreten Erfolgen: Acht Veranstalter zeigten sich einsichtig und verpflichteten sich zur Änderung ihrer Praktiken.

„Die Musikbranche darf die Digitalisierung nicht als Vorwand nutzen, um Verbrauchern versteckte Kosten aufzubürden“, erklärt Jana Brockfeld vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Faire Preisgestaltung und vollständige Erstattungen sind nicht verhandelbar.“

Vier zentrale Problemfelder identifiziert

Versteckte Aktivierungsgebühren

Festival-Organisatoren erhoben Gebühren zwischen 29 Cent und 2 Euro allein für die Aktivierung oder erstmalige Nutzung der Bezahlarmbänder. Diese Praxis verstößt gegen geltendes Recht, wenn Kartenzahlung die einzige verfügbare Zahlungsmethode darstellt und faktisch als zusätzliches Kartenentgelt fungiert.

Problematische Rückerstattungsmodalitäten

Besonders kritisch gestaltet sich die Handhabung nicht verbrauchter Guthaben. Verschiedene Veranstalter behielten Restbeträge unter 1-2,50 Euro ein oder verlangten Bearbeitungsgebühren für Rückzahlungen. Rechtlich steht Verbrauchern jedoch die vollständige und kostenfreie Erstattung ihres Guthabens zu.

Unrealistische Rückforderungsfristen

Während das Gesetz eine dreijährige Verjährungsfrist vorsieht, gewährten manche Veranstalter lediglich wenige Wochen für die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen – eine unzulässige Verkürzung der Verbraucherrechte.

Intransparente Ticketpreise

Die Preiskommunikation erwies sich als mangelhaft: Servicegebühren wurden erst im Bestellprozess sichtbar, was Preisvergleiche erschwert und Verbraucher über die tatsächlichen Kosten im Unklaren lässt.

Konsequente Rechtsdurchsetzung

Von zehn abgemahnten Veranstaltern reagierten acht kooperativ. Die Heroes Festival GmbH hingegen verweigerte eine außergerichtliche Einigung, was zur Klageerhebung beim Oberlandesgericht Bamberg (3 UKl 9/25 e) führte. Dem Unternehmen werden Aktivierungsgebühren von 1,50 Euro und Rückerstattungskosten von 50 Cent vorgeworfen.

Juristische Präzedenzfälle schaffen Klarheit

Die aktuellen Maßnahmen knüpfen an bereits erzielte Gerichtserfolge an. Das Landgericht Berlin untersagte dem Lollapalooza-Veranstalter Zusatzkosten bei Bezahlchips (52 U 98/24), während das Landgericht Bochum Aktivierungsgebühren beim Juicy Beats Festival für rechtswidrig erklärte (I-17 O 2/25).

Ausblick: Branchenwandel erforderlich

Die Verbraucherzentrale setzt ihre systematische Überprüfung fort und will Standards für faire Bezahlsysteme in der Eventbranche etablieren. Festivalveranstalter sind aufgerufen, ihre Geschäftspraktiken freiwillig an die Rechtslage anzupassen, bevor weitere juristische Schritte erforderlich werden.

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