„Der Bass muss knallen!“ Diese Aussage hört man immer wieder. Doch welchen Einfluss hat der eigene Standort auf den Klang – und wo knallt der Bass denn am meisten?
Wer auf Festivals oder Konzerten unterwegs ist, weiß: Der Sound ist nicht überall gleich. Mal ist er kristallklar, mal dröhnt er nur dumpf, manchmal klingt er sogar verzögert oder verwaschen. Das liegt nicht nur an der Technik selbst, sondern vor allem an physikalischen Gegebenheiten, am Aufbau der Bühne, an der Platzierung der Lautsprecher – und an der Position des Publikums. Moderne PA-Systeme leisten heute beeindruckende Arbeit, aber der optimale Sound bleibt abhängig von verschiedenen Einflussfaktoren.
Einflussfaktoren auf den Klang im Festivalbereich:
- Abstand zur Bühne (FOH-Zone als Referenzpunkt) (Die wichtigsten Technik-Begriffe für Festivals)
Der beste Sound liegt oft in der Nähe des FOH-Platzes (Front of House), also dort, wo das Mischpult für Ton und Licht steht. Hier justieren die Tontechniker den Klang – was dort gut klingt, ist ihr Referenzwert. Wer sich in diesem Bereich befindet, hört die Show meist so, wie sie technisch gedacht ist. - Laufzeitunterschiede und Schallverzögerungen
Schall braucht Zeit, um sich zu bewegen – etwa 343 Meter pro Sekunde in Luft. Steht man weit von der Bühne entfernt, kommt der Klang verzögert an. Abhilfe schaffen sogenannte Delay-Tower, also zeitlich versetzt angesteuerte Lautsprecher im hinteren Bereich, die den Schall synchronisieren. Wird das Delay falsch eingestellt, entstehen hörbare Echos und Verzerrungen. - Reflexionen und Schallauslöschung
Gebäude, Wände oder andere reflektierende Flächen erzeugen Schallrückwürfe, die das Klangbild verändern. Treffen zwei Schallwellen aufeinander – etwa von Haupt-PA und Delay-Lautsprecher – können sie sich verstärken (konstruktive Interferenz) oder auslöschen (destruktive Interferenz). Dadurch entstehen „Löcher“ im Klangbild oder überbetonte Frequenzbereiche. - Überlagerung tiefer Frequenzen (Bass-Wellen)
Tieffrequente Schallwellen verhalten sich anders als hohe Töne. Sie breiten sich kugelförmig aus, reflektieren an Hindernissen und addieren sich über große Distanzen. Besonders in Zeltkonstruktionen oder an Wänden kann der Bass sich aufschaukeln – oder durch sogenannte Bassfallen „verschluckt“ werden. Der Druckpunkt, an dem der Bass am deutlichsten zu spüren ist, liegt oft nicht direkt vor den Lautsprechern, sondern einige Meter dahinter – abhängig von Subwoofer-Anordnung und Raumakustik. - Grenzwerte und Richtlinien
Große Festivals unterliegen gesetzlichen Grenzwerten. In Deutschland etwa liegt der erlaubte Dauerschallpegel für Publikum bei 99 dB(A) (definiert in DIN 15905-5). Diese Werte beeinflussen das Mixing und die Positionierung der Lautsprecher – zu laut bedeutet rechtliche Probleme, zu leise senkt das Erlebnisniveau. Die Beschallung muss daher gezielt geplant und regelmäßig gemessen werden. - Einfluss moderner PA-Systeme
Moderne Line-Array-Systeme haben den Festival-Sound revolutioniert. Durch ihre vertikale Anordnung und gerichtete Abstrahlung ermöglichen sie eine gleichmäßige Beschallung über große Flächen. Digitale Steuerung erlaubt eine präzise Justierung der Lautstärkenverteilung und Frequenzverläufe. So lässt sich der Sound gezielt auf das Publikum ausrichten, während Nachbarbereiche oder angrenzende Bühnen weniger beeinträchtigt werden.
Doch wo findet man den perfekten Sound?
Den perfekten Sound gibt es nicht – aber es gibt optimale Zonen. Wer sich im Bereich des FOH aufhält, hört die Show so, wie sie abgemischt wurde. Zu nah an den Lautsprechern fehlt oft das Frequenzgleichgewicht, zu weit hinten oder am Rand kommt es zu Reflexionen und Pegelverlust. Der Bass „knallt“ am stärksten dort, wo Wellen sich konstruktiv überlagern – das ist häufig etwas weiter hinter den Subwoofern. Moderne Beschallungstechnik minimiert diese Unterschiede, aber die Physik lässt sich nicht vollständig austricksen. Wer also bewusst genießen will, sollte sich nicht nur nach Sicht, sondern auch nach Klang positionieren.